Wie ihr euch sicher denken könnt, war der Sommer echt stressig.
Nun liegen nur noch zwei Touren vor mir, die Königinnen Tour (17 isländische Damen) kommen am Donnerstag und bleiben bis Sonntag. Ich werde allerdings nur den ersten Tag mitreiten, weil es endlich meine liebe Familie nach Island geschafft hat. Im Moment treiben sie sich irgendwo im Süden dieser fantastischen Insel herum, kommen aber eben Donnerstag abends zu mir.
Die zweite Tour ist Skrapatungarétt, der Pferdeabtrieb, da werden die Jungpferde im Hochland zusammen- und dann zurück hinunter in die Täler getrieben, dort nach Höfen sortiert und heimgebracht. Anschliessend solls eine grosse Party geben, habe ich gehört.
Begonnen hat der ganze Stress Ende Juni mit der "special tour". Da kamen zwölf Teenager aus Reykjavík mit vier Betreuern. Die Jugendlichen kommen alle anscheined aus sozial eher schwachen Verhältnissen und nehmen das ganze Jahr an einem Betreuungsprogramm teil, von dem die Reittour im Sommer dann der krönende Abschluss ist.
Für uns hiess das: finde die allerbravsten (und stärksten!) Gäule der Umgebung (die Kids hatten nur so ein paar Reitstunden), hieve die Kids rauf und halte die Herde in Schach, damit sie selbige nicht überrennen. Dabei lernt man auch die langsamsten Pferde wie unseren unbezahlbaren Silfurtoppur zu schätzen, den auch sechzig von allen Seiten im Galopp überholende Pferde nicht aus seinem slow-motion Schweinepass werfen können. Sehr stabiler Charakter. ^^
Egal, diese Tour hat uns zum ersten Mal in diesem Sommer über den See Hóp geführt, eine atemberaubend schöne Strecke. Zwölf Kilometer lang durch Wasser (Hóp ist eigentlich eine mit dem Meer verbundene Lagune, der Wasserstand ist also immer eine gewisse Überraschung) und im Tölt über schwarzen Sand nach Thingeyrar.
Als Staff Mitglied bekommt man auch die Gelegenheit, unabsichtlich einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen: man reitet nämlich mit der Herde erst los, nachdem man den Gästen einen grosszügigen Vorsprung (mindestens 30 min!) gewährt hat. Normalerweise verhalten sich die guten Tiere (die meisten sind schon seit Jahren mit auf dieser Tour dabei) auch im Herdenverband ganz manierlich und lassen sich auch brav stoppen, sollte etwas Unvorhergesehenes passieren. Allerdings nicht auf dieser Strecke. Egal wie anstrengend der Tag und wie heiss das Wetter zuvor war, über Hóp wird auch der älteste Gaul zum Rennpferd. Als Reiter gibt es dann nur eins: vorne bleiben um jeden Preis. Wir haben natürlich unsere Spezialpferde, die wir für genau diese Strecke aufheben. Und ja, Kraftur ist einer von denen. Der rast die 12 Kilometer durch, an Trab oder Tölt braucht man gar nicht zu denken. Galopp oder Rennpass ist angesagt. Er ist ja auch im Normalfall kein Fan von langsam gehen, aber über den See gibts keine Bremse. Zum Glück weiss er wo er hin muss.
In Thingeyrar steigt man dann meist völlig verdreckt und durchnässt von einem schwitzenden Pferd, hat aber ein
| Suchbild: Wieviele Pferde findet ihr? |
Gleich im Anschluss machten wir uns mit ebendieser finnischen Gruppe auf den Weg zum Landsmót, von welchem wir noch die letzten drei Tage geniessen konnten. Endlich war auch der Sommer in Island angekommen, so dass wir uns gleich einen Sonnenbrand zulegen konnten. In diesem drei Tagen hatten wir alle Hände voll zu tun, aber gleichzeitig endlich mal frei. So konnten wir in aller Ruhe die hervorragenden Zucht- und Sportberwerbe, sowie Gestütspräsentationen und am Sonntag natürlich alle Finale geniessen. Für die Abendgestaltung war mit echt isländischen Parties gesorgt. Auffallend war auch die grosse Menge and Peinlich- und Seltsamkeiten, die immer gehäuft und zusammen auftreten: man unterhält sich über einen Nachbarn (der Hof B. ist nur 5km entfernt), nur um draufzukommen, dass selbiger sein Zelt einen Meter neben dem eigenen aufgestellt hat (und natürlich auch anwesend war). Oder ein von mir verzweifelt gesuchter Hufschmied, der genau dann jener Stelle auftaucht, auf die man gerade im Scherz mit den Worten "I bet he is hiding over there!!" gedeutet hat. Ausserdem trifft man auf dieser Veranstaltung wirklich jeden, ob man will oder nicht. Einige auch dreimal. Oder neunmal. Wenn die Welt ein Dorf ist, ist Island (oder genauer gesagt der Landsmót) die Gaststube des einzigen Wirtshauses am Samstag Abend: jeder kennt jeden und
Unsere Theorie ist, dass die ganzen Peinlichkeiten den Weg bis in unsere Pampa nicht finden und sich deswegen sofort auf uns stürzen, sobald wir uns einmal in bewohntere Gefilde wagen.
Das Bemerkenswerteste sind natürlich die Pferde. Dort trifft sich die Elite. Was dort in der Kinderklasse schon herumläuft, lässt einen schon sabbern. (Für alle Pferdeleute: googlet mal Hágangur frá Narfastödum oder Kampan frá Húsavík!) Auch die Präsentationen der Hengste, die einen Preis für Nachzucht erhalten haben, waren einfach wunderbar.
Nach diesem schönen Wochenende gab es nur eine kurze Verschnaufpause, bevor die nächste Gruppe (24 Amerikaner) zu uns kamen. Die Strecke der Reittour war annähernd die gleiche, die Leute natürlich unterschiedlich.
Die Rückkehr zu unseren Pferden fiel uns nach den schönen Bildern vom Landsmót zwar etwas schwer, aber was will man machen. Ich bin mir sicher, dass die meisten dieser Turnierpferde nicht dasselbe leisten können wie die Arbeitspferde, die wir Staffmitglieder reiten.
Arbeitspferd, das: Bezeichnung für ein -> Pferd, dass zum Arbeiten mit einer -> Herde loser Pferde geeignet ist, sprich unbhängig ist. Bsp.1: das Ausreisser Szenario. Einzelne (im allgemeinen eh immer dieselben
Die meisten Gäule müssen schon mit Nachdruck dazu
| Gustur |
Hinter der Herde muss man die Nachzügler oft auch ein bisschen treiben. "Hopp! Hooopp! Heute noch!!"
Damit das funktioniert, muss das°~ allerdings völlig schrei- und brüllsicher sein. Sonst endet in beiden Fällen weiter vorne als man möchte.^^
| Glói |
Bsp. 3: das Tor-Szenario: Auf den Ritten durch die isländische Pampa durchquert man natürlich auch fremde Weiden (mit und ohne diversen Tieren oder auch Hengsten, das macht besonders Spass). Auch hier gilt das gleiche wie beim Wandern auf der heimischen Alm: Was du aufmachst, mach auch wieder zu. Also für die die hinter der Herde reiten: Pferd anhalten, absteigen, Tor zumachen, aufsteigen/losreiten. Die Kunst liegt im ersten Teil des letzten Punktes, denn das Pferd will natürlich schon bevor man oben ist den anderen nachlaufen. Losreiten ist meist kein Problem mehr, es vermischt sich oft mit Punkt "aufsteigen" und wird vom Pferd selbstständig erledigt.
Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten sogenannten "Tore" diesen Namen eigentlich nicht verdienen und das schliessen derselben einige Zeit beanspruchen kann. Gute Arbeitspferde zeichen sich dadurch aus, dass sie nach fünf Minuten auch nicht mehr Theater machen als zu Beginn der Prozedur.
| Lýsingur |
Zusammenfassung: das Arbeitspferd ist meist schon ein bisschen älter und Jahren auf Tour, kennt die Wege, die Ausreisser und lässt sich auch durch verbeidonnernde LKWs auf der Gegenfahrbahn des Highways nicht sonderlich beeindrucken. Der Nachteil ist, dass es meist einen Grund gibt, warum gewisse Tiere zu Arbeitspferden gemacht werden: man gibt sie nur an Staff Mitglieder aus. Entweder diese Pferde sind für Gäste nicht verlässlich genug
| Ténor |
cooler blogeintrag! ich mag die arbeitspferdbeschreibung ;D
AntwortenLöschendie fotos vom landsmót sind auch toll! bin auch schon gespannt, was du dann vom pferdeabtrieb erzählen wirst!!! :)
viele liebe grüße! :)